Unzulässige Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen einer Arztpraxis: Was Ärzte wissen müssen

Die Sicherheit in der eigenen Arztpraxis ist ein wichtiges Anliegen vieler Mediziner. Doch wie weit dürfen Maßnahmen wie Videoüberwachung gehen, ohne gegen Datenschutzrecht zu verstoßen? Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. März 2019 (Az.: 6 C 2/18) klare Grenzen gezogen. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie als Arzt oder Ärztin über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Videoüberwachung in Ihrer Praxis wissen müssen.

Inhalt

  • Warum ist das Thema relevant?
  • Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
  • Öffentlich zugängliche Räume in der Praxis
  • Erfordernis und Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung
  • Welche Alternativen gibt es?
  • Empfehlungen für die Praxis
  • Fazit

Warum ist das Thema relevant?

Die Privatsphäre Ihrer Patienten und Besucher ist ein hohes Gut. Gleichzeitig haben Praxisinhaber ein berechtigtes Interesse an der Sicherheit ihrer Räumlichkeiten. Die Balance zwischen Sicherheitsmaßnahmen und Datenschutzrecht ist daher entscheidend, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Am 27. März 2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit einer Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis. Die Praxisinhaberin hatte eine Kamera installiert, die sowohl den Bereich hinter als auch vor dem Empfangstresen überwachte. Die Kamera übertrug Live-Bilder auf Monitore in den Behandlungsräumen. Patienten wurden durch Schilder mit der Aufschrift „Videogesichert“ auf die Überwachung hingewiesen.

Die zuständige Landesdatenschutzbeauftragte sah darin einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht und ordnete an, die Kamera so auszurichten, dass öffentlich zugängliche Bereiche nicht mehr erfasst werden. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Anordnung und stellte fest, dass die Videoüberwachung in diesem Fall unzulässig war.

Öffentlich zugängliche Räume in der Praxis

Öffentlich zugängliche Räume sind solche, die für eine unbestimmte Anzahl von Personen geöffnet sind, ohne dass eine Zugangskontrolle stattfindet. In Arztpraxen sind das typischerweise:

  • Eingangsbereiche
  • Wartezimmer
  • Flure vor den Behandlungsräumen

Die Videoüberwachung dieser Bereiche berührt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Patienten und Besucher.

Erfordernis und Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung

Eine Videoüberwachung darf nur erfolgen, wenn sie erforderlich ist, um berechtigte Interessen wie den Schutz von Eigentum oder Personen zu wahren. Dabei gilt:

  • Plausible Gründe: Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdungslage vorliegen, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen.
  • Interessenabwägung: Die Schutzinteressen der Praxis dürfen nicht die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen überwiegen.
    Im entschiedenen Fall fehlten der Praxisinhaberin konkrete Belege für eine erhöhte Gefährdung. Allgemeine Sicherheitsbedenken oder das subjektive Unsicherheitsgefühl reichen nicht aus.

Welche Alternativen gibt es?

Anstelle einer Videoüberwachung können weniger eingriffsintensive Maßnahmen ergriffen werden:

  • Empfang besetzen: Präsenz von Personal kann sowohl Sicherheit vermitteln als auch abschreckend wirken.
  • Zugangskontrolle: Abschließen der Eingangstür und Verwendung von Klingeln oder Zugangscodes.
  • Sichere Aufbewahrung: Wertsachen und Medikamente in verschlossenen Schränken aufbewahren.
  • Notrufsysteme: Bereitstellung von Notfallknöpfen für Patienten nach der Behandlung.

Empfehlungen für die Praxis

  • Prüfung der Notwendigkeit: Analysieren Sie, ob tatsächlich eine besondere Gefährdung vorliegt.
  • Datenschutzkonforme Lösungen: Setzen Sie auf Maßnahmen, die weniger in die Privatsphäre eingreifen.
  • Transparenz: Informieren Sie Patienten und Besucher klar über Sicherheitsmaßnahmen.
  • Beratung: Ziehen Sie rechtlichen Rat hinzu, um individuelle Lösungen zu finden, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Fazit

Die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen einer Arztpraxis ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Praxisinhaber sollten sorgfältig prüfen, ob weniger eingriffsintensive Maßnahmen ausreichend sind, um die Sicherheit zu gewährleisten. Die Wahrung der Persönlichkeitsrechte von Patienten und Besuchern sollte stets im Vordergrund stehen.

Sie haben Fragen zum Datenschutz in Ihrer Praxis? Kontaktieren Sie uns gerne für eine individuelle Beratung.