OLG München stärkt Rechte von Ärzten auf Bewertungsportalen

Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten bei unzulässiger Datenverarbeitung

Die Digitalisierung macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt. Online-Bewertungsportale für Ärzte erfreuen sich großer Beliebtheit bei Patienten, die nach passenden medizinischen Dienstleistungen suchen. Doch welche Rechte haben Ärzte, wenn ihre Daten ohne Zustimmung auf solchen Plattformen veröffentlicht werden und sie dadurch benachteiligt sind?
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil vom 19. Januar 2021 (Az.: 18 U 7243/19) wichtige Grundsätze zum Schutz von Ärzten auf Bewertungsportalen festgelegt. Dabei ging es um die Klage eines Orthopäden, der die Löschung seiner personenbezogenen Daten von einem Ärztebewertungsportal verlangte.

Hintergrund des Urteils

Der klagende Arzt hatte festgestellt, dass seine Daten ohne seine Einwilligung auf dem Portal www.jameda.de veröffentlicht wurden. Gleichzeitig gewährte das Portal zahlenden Ärzten (sogenannten „Premium-Kunden“) verschiedene Vorteile, die nicht zahlenden Ärzten wie dem Kläger verwehrt blieben. Dazu zählten unter anderem:

  • Erweiterte Profilgestaltung: Premium-Kunden konnten zusätzliche Informationen, Bilder und Videos auf ihrem Profil hinterlegen.
  • Bessere Auffindbarkeit: Durch hervorgehobene Darstellung wurden zahlende Ärzte bei Suchanfragen prominenter angezeigt.
  • Veröffentlichung von Fachartikeln: Nur zahlende Kunden hatten die Möglichkeit, Fachbeiträge und Interviews auf dem Portal zu veröffentlichen.

Der Arzt sah darin eine unzulässige Verarbeitung seiner Daten und eine Verletzung seiner Rechte nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Entscheidung des Gerichts

Das OLG München gab dem Kläger in weiten Teilen recht. Das Gericht stellte fest:

  1. Keine journalistische Tätigkeit des Portals: Das Portal konnte sich nicht auf das sogenannte Medienprivileg berufen, da es keine eigene journalistische Tätigkeit ausübe. Es übernehme lediglich Bewertungen von Dritten und mache sich diese nicht zu eigen.
  2. Unzulässige Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO: Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers war nicht durch berechtigte Interessen des Portalbetreibers gerechtfertigt. Insbesondere, weil die Plattform ihre Neutralitätspflicht verletzte, indem sie zahlenden Ärzten verdeckte Werbevorteile gewährte.
  3. Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht: Durch die Bevorzugung zahlender Kunden und die gleichzeitige Darstellung nicht zahlender Ärzte wurden letztere unzulässig benachteiligt.

Bedeutung für Ärzte

Das Urteil stärkt die Rechte von Ärzten gegenüber Bewertungsportalen und setzt wichtige Maßstäbe:

  • Anspruch auf Löschung: Ärzte können unter bestimmten Umständen die Löschung ihrer Daten von Bewertungsportalen verlangen, insbesondere wenn die Plattform ihre Neutralitätspflicht verletzt.
  • Gleichbehandlung: Bewertungsportale müssen alle Ärzte gleich behandeln und dürfen zahlenden Kunden keine verdeckten Vorteile gewähren, die das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit verzerren.
  • Datenschutzrechtlicher Schutz: Die DSGVO bietet Ärzten einen wirksamen Schutz gegen unzulässige Datenverarbeitung im Internet.

Handlungsempfehlungen für Ärzte

  • Überprüfung von Online-Profilen: Ärzte sollten regelmäßig prüfen, ob und wie sie auf Bewertungsportalen dargestellt werden.
  • Rechtliche Beratung einholen: Bei ungewollter Veröffentlichung oder Benachteiligung auf solchen Plattformen kann rechtlicher Beistand helfen, die eigenen Rechte durchzusetzen.
  • Aktive Profilgestaltung: Wenn gewünscht, kann eine aktive Gestaltung des eigenen Profils dazu beitragen, ein vollständiges und korrektes Bild zu vermitteln.

Haben Sie Fragen zu Ihren Rechten auf Bewertungsportalen oder benötigen Sie Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer datenschutzrechtlichen Ansprüche? Die MediLex Rechtsanwälte stehen Ihnen mit Expertise und Engagement zur Seite.
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